Unbestritten ist angesichts des Zustandes unseres Planeten mittlerweile weitestgehend, dass unsere Art des Wirtschaftens und dafür auch – als die andere Seite der Medaille – die  Wirtschaftstheorie umfassend und schnellstens geändert werden müssen.

In den etwa vier Jahrzehnten des unbeschränkten Siegeszuges des neoklassischen Mainstreams hat sich nicht nur das weltweite Bruttosozialprodukt vervielfacht; es haben sich auch die Bedrohungen unserer menschlichen Zivilisation exponentiell vermehrt, so dass wir heute vor dem Abgrund stehen – deswegen ist größte Vorsicht angebracht gegenüber den alten Rezepten, die uns immer noch Vieles versprechen, unter anderem auch, dass wir ‚morgen einen Schritt weiter‘ sind.

Zu Beginn der 1970er Jahre wurden kluge und wirklich innovative Forscher, die mit vielen guten Argumenten vor den ‚Grenzen des Wachstums‘ warnten, dafür belächelt oder sogar als völlig inkompetent mundtot gemacht, weil sie von Wirtschaft keine Ahnung hätten. Damals wäre eine Kurskorrektur leicht gewesen und hätte – aus heutiger Sicht – keine größeren Verhaltensänderungen erfordert und lediglich langsamere Wohlstandszuwächse mit sich gebracht – es hätte lediglich die Abkehr von schrankenlosem Gewinnstreben mit Inkaufnahme der Umweltzerstörung erfordert. Stattdessen wurde in den folgenden Jahrzehnten ‚erst so richtig Gas gegeben‘ – die Hälfte des menschengemachten CO2 wurde seitdem emittiert.

2007 bezifferte der Stern-Report trotz der damals schon deutlich verschlechterten Umweltsituation den notwendigen Aufwand für die Einhegung des Klimawandels in ungefährliche Ausmaße auf lediglich wenige Prozent des weltweiten Bruttosozialproduktes. Den Vorschlägen und Warnungen des Berichts sind im politischen Feld viele Worte und Absichtsbekundungen, sogar Abkommen gefolgt, aber zu wenige und zu halbherzige Taten.

Heute sind wir aufgrund all dieser Versäumnisse mit der drohenden Klimakatastrophe konfrontiert, die sich nicht mehr einhegen lässt und mit einiger Wahrscheinlichkeit weit über die angestrebten 1,5 bis höchstens 2 Grad Erwärmung hinausgeht, wenn wir nicht ganz schnell und ganz entschlossen handeln. (Die Situation ist viel heikler als gewöhnlich kommuniziert, denn eine ‚wahrscheinlich‘ Erwärmung von 2,7 Grad bei 700 ppm CO2 beinhaltet eine 10%-ige Wahrscheinlichkeit für 6 Grad oder mehr, wie aus dem Diagramm von Weitzman hervorgeht – dies würde die Erde in einen lebensfeindlichen Planeten verwandeln).

 

Die heutige Situation verlangt uns viel mehr als nur einige Prozentpunkte ‚Wohlstand‘ ab, sondern ‚alles‘.
‚Alles‘ an Bereitschaft zum radikalem Umdenken, zu einschneidenden Verhaltensänderungen und globaler Kooperation. ‚Alles‘ an Engagement und Kraft. Nur dann können wir noch die vielen über uns hereinbrechenden Krisen meistern: Klimakrise, Umweltverschmutzung, Artensterben, Finanzkrisen, Demokratiekrise, geopolitische Spannungen und Kriege. Alle hängen miteinander zusammen, was nach Aussichtslosigkeit klingt, jedoch die Chance bietet, durch die richtigen Schritte alle Krisen miteinander zu entschärfen.

Die Katastrophe abzuwenden, erfordert andere, nachhaltige Wege auf allen Gebieten, nicht zuletzt auch beim Wirtschaften.
Dazu braucht es auch eine andere Wirtschaftstheorie
-  statt des Beharrens auf den Maximen des neoklassischen Mainstreams. Wachstum ist nicht die Lösung, sondern ein wichtiger Grund für die aufgetürmten Probleme; Schutz unserer Lebensgrundlagen muss die oberste Priorität haben. Dazu müssen die planetaren Grenzen – sowohl was die verfügbaren Ressourcen, als auch was die Aufnahmekapazität der Ökosysteme für unsere ‚Abfälle‘ angeht – auch in der Wirtschaftstheorie ihren gebührenden Platz bekommen. Was in vielen anderen Wissenschaften längst Standard ist – nämlich, dass unsere Umwelt, unsere Gesellschaft und Wirtschaft komplexe dynamische Systeme mit vielen Rückkopplungen und Nichtlinearitäten sind, bei denen nicht automatisch sich ein Gleichgewicht einstellt, sondern im Gegenteil Kipppunkte auftreten können, deren Überschreitung zu fundamentalen Instabilitäten führt – , das muss auch für die Wirtschaftswissenschaften zur Grundlage werden.

Geeignete Ansätze dafür gibt es – diese müssen aber weiter entwickelt und vervollständigt werden, d.h. es bedarf einer entsprechenden Förderung: Geld und Personal müssen hier investiert werden und nicht in Perfektionierung eines untauglichen Theoriegebäudes mit zu schwachem Fundament.

Der Friede-Gard-Preis für Nachhaltige Ökonomik wird hierzu hoffentlich Impulse geben und die Umorientierung von Wirtschaft und Wirtschaftstheorie bewirken helfen.