Der neoklassische Mainstream ist im Verlauf der letzten vier Jahrzehnte mit seinen verschiedenen Spielarten zur weltweit vorherrschenden Lehrmeinung in den Wirtschaftswissenschaften geworden und hat alle anderen Lehrmeinungen ins Abseits gedrängt und vielfach sogar suspekt gemacht. Dies nicht (nur) aufgrund seiner(pseudo)wissenschaftlichen Brillanz, sondern auch aufgrund von politischer Rückendeckung einflussreicher Kreise, die wiederum dann von en wirtschaftspolitischen Folgerungen der Lehre profitierten.
Die Lehren der Neoklassik beruhen auf sehr realitätsfremden Annahmen. Dabei sind diese Annahmen nicht lediglich Vereinfachungen, die für die abgeleiteten Ergebnisse unwichtig sind. Vielmehr sind die Annahmen so grundlegend, dass bei ihrer Verletzung auch die Ergebnisse nicht mehr gelten
Dabei wird an mindestens drei Sachverhalten für jeden Beobachter mit gesundem Menschenverstand klar, dass aus dieser Richtung nichts grundlegend Hilfreiches zu erwarten ist:
- Die Vertreter der Neoklassik propagieren Wachstum als das universelle 'Heilmittel' für Probleme jeder Art (gleichgültig ob es um Arbeitslosigkeit, Finanzierung der Sozialsysteme, Ungleichverteilung des Reichtums oder Staatsschulden geht). Und sie glauben, dass Wachstum auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten möglich ist (und sogar nötig, damit 'wir uns Umweltschutz überhaupt leisten können').
- Demgegenüber ist jedem verständigen Laien klar, dass ‚die Bäume nicht in den Himmel wachsen‘, es also auf unserem endlichen Planeten kein unendliches Wachstum geben kann – dass sogar viele Ökosysteme durch das bisherige Wachstum mit den Umweltzerstörungen als Kollateralschäden vor dem Kollaps stehen.
- Keiner der neoklassischen Mainstream-Ökonomen hat die katastrophale Finanzkrise von 2008 kommen sehen – vielmehr war noch bis kurz vor dem Zusammenbruch von Lehman Brothers der Optimismus groß, dass die Aussichten für die nächsten Jahre großartig sein würden (die größten Optimisten gingen soweit, Rezessionen und Finanzkrisen für endgültig abgeschafft zu halten).
- Es war aber keineswegs so, dass niemand es hätte kommen sehen. Die etwa ein Dutzend Ökonomen, die vor einer bevorstehenden Krise warnten, konnten die Entwicklung besser beurteilen, weil ihre Theorien nicht die Realität ignorieren, sondern entsprechend berücksichtigten.
- Die neoklassischen Mainstream-Ökonomen sind bezüglich der wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels nicht besonderes pessimistisch, denn die Auswirkungen auf den Wohlstand (gemessen am Bruttosozialprodukt) sind gering: lediglich etwa 1% Einbuße pro 1 Grad Klimaerwärmung (d.h. auch wenn die Beschränkung der Klimaerwärmung auf unter 2 Grad nicht gelingt, macht das nicht viel, denn auch bei 5 Grad Klimaerwärmung ist die Wohlstandseinbuße lediglich 5% - liegt also quasi im Schwankungsbereich eines Konjunkturzyklus, und ist nicht so groß wie bei der Corona-Pandemie erlebt). Für solch kluge Prognoserechnungen gab es 2018 sogar den ‚Nobelpreis‘ für Wirtschaftswissenschaften. Und diese Einschätzungen sind maßgeblich für die ökonomische Bewertung des Klimawandels in den Berichten des Weltklimarates, die eine der wichtigsten Grundlagen für die politischen Entscheider weltweit darstellen.
- Ein Laie mit gesundem Menschenverstand (vielleicht also einer unserer politischen Entscheider), der aufeinanderfolgende Jahre von Hitze und Trockenheit mit großen Ernteausfällen bei den Landwirten und verheerenden Waldbränden erlebt hat und diese Entwicklung gedanklich in die Zukunft fortsetzt, steht ungläubig da – ist aber dennoch eher geneigt, auf den geballten (wirtschafts)wissenschaftlichen Sachverstand der vielen Elite-Universitäten und Exzellenz-Clustern zu vertrauen, als seinem Gefühl und den wenigen wirtschaftswissenschaftlichen Abweichlern.
- Ein Laie mit gesundem Menschenverstand (vielleicht also einer unserer politischen Entscheider), der aufeinanderfolgende Jahre von Hitze und Trockenheit mit großen Ernteausfällen bei den Landwirten und verheerenden Waldbränden erlebt hat und diese Entwicklung gedanklich in die Zukunft fortsetzt, steht ungläubig da – ist aber dennoch eher geneigt, auf den geballten (wirtschafts)wissenschaftlichen Sachverstand der vielen Elite-Universitäten und Exzellenz-Clustern zu vertrauen, als seinem Gefühl und den wenigen wirtschaftswissenschaftlichen Abweichlern.